Das Respiratorische-Synzytial-Virus (RSV) verursacht insbesondere im Winter Atemwegsinfektionen und ist für Epidemien verantwortlich. Es wird hauptsächlich durch Tröpfchen übertragen, die beim Husten und Niesen entstehen. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 8 Tage nach der Exposition. Eine infizierte Person ist oft schon 1 bis 2 Tage vor dem Auftreten der Symptome ansteckend und bleibt 3 bis 8 Tage lang ansteckend.

RSV
Shutterstock

Bei Säuglingen und immunsupprimierten Personen kann die Ansteckungsfähigkeit, auch ohne Symptome, bis zu 4 Wochen andauern. Der Schutz vor RSV nach einer Infektion hält in der Regel zwischen 6 Monaten und einigen Jahren an. Zu den Hauptsymptomen gehören Fieber, Husten, Schnupfen und seltener Halsschmerzen. Pfeifende Atemgeräusche können auch bei Personen auftreten, die keine Lungenerkrankung haben.

Bei Säuglingen führt eine RSV-Infektion in 15-20% der Fälle zu einer Bronchiolitis und erfordert in 2-3% der Fälle einen Krankenhausaufenthalt. Das Risiko, später an frühkindlichem Asthma zu erkranken, ist erhöht.

Bei älteren Menschen sind die Symptome einer RSV-Infektion unspezifisch und variieren in ihrem Schweregrad: Sie reichen von milden Erkrankungen der oberen Atemwege bis hin zu schweren und potenziell lebensbedrohlichen Erkrankungen der unteren Atemwege.


Weitere Informationen : 

Respiratorisches-Synzytial-Virus (RSV) (BAG)

 

Schutz von Säuglingen

Zum Schutz von Säuglingen in ihrer ersten RSV-Saison gibt e zwei Möglichkeiten: die mütterliche Impfung gegen RSV während der Schwangerschaft oder eine Immunprophylaxe, die dem Kind im ersten Lebensjahr verabreicht wird.

Passive immunisierung des Säuglings gegen RSV

Seit Oktober 2024 wird die passive Immunisierung mit einer Einzeldosis eines monoklonalen Antikörpers gegen RSV (Nirsevimab, Beyfortus®, Sanofi) für alle Säuglinge während der ersten Saison, in der sie dem Virus ausgesetzt sind, empfohlen. Nirsevimab ist ein rekombinanter monoklonaler Antikörper, der den Eintritt des Virus in die Wirtszelle blockiert.

Die passive Immunisierung mit einer Einzeldosis des monoklonalen Antikörpers Nirsevimab (Beyfortus®) zur Prävention des Respiratory Syncytial Virus (RSV) im ersten Lebensjahr wird für Säuglinge wie folgt empfohlen:

  • Geboren von April bis September: Nirsevimab sollte im Oktober oder so bald wie möglich danach verabreicht werden.
  • Geboren von Oktober bis März: Nirsevimab sollte in der ersten Woche nach der Geburt verabreicht werden, idealerweise auf der Entbindungsstation. Im Falle einer Krankenhauseinweisung nach der Geburt sollte die Verabreichung vorzugsweise vor der Entlassung (oder früher) erfolgen, je nach Ermessen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte.

Bei Termingeborenen (≥ 37 Schwangerschaftswoche), die zwischen Oktober und März geboren werden und deren Mutter mindestens 14 Tage vor der Entbindung mit Abrysvo® geimpft wurde, besteht keine Indikation für die Gabe von Nirsevimab.

Nirsevimab kann zusammen mit den üblichen Impfungen (dTpa-IPV-HBV/Hib, PCV, Meningokokken-Impfstoffe, MMR, MMRV) an 2 verschiedenen Injektionsstellen verabreicht werden (bei gleicher Extremität: mit einem Abstand von mindestens 2,5 cm).

Eine zweite Immunisierung wird im 2. Winter auch für Kinder mit Risikofaktoren für Komplikationen empfohlen. Dazu gehören unter anderem, aber nicht ausschliesslich, die folgenden Erkrankungen:

  • Angeborene oder erworbene hämodynamisch relevante Herzerkrankung (wie zyanotische Herzfehler).
  • Pulmonalarterielle Hypertonie
  • Chronische Lungenkrankheit
  • Angeborene Stoffwechselfehler, die sich auf die Herz- oder Lungenfunktion auswirken
  • Angeborene oder erworbene neurologische Erkrankungen und neuromuskuläre Erkrankungen
  • Immunschwäche (angeboren, erworben oder durch Medikamente induziert)
  • Down-Syndrom und andere Chromosomenanomalien
  • Frühgeburtlichkeit bei einem Gestationsalter < 33 Wochen
  • Andere chronische Erkrankungen, die zu einer schweren RSV-bedingten Erkrankung führen können (z. B. chronische Lebererkrankungen oder Organmissbildungen)

NB: Beyfortus® wurde am 1.9.2024 in die Liste der Spezialitätenliste aufgenommen. Es wird von der gesetzlichen Krankenversicherung ambulant und stationär für alle ab April 2024 geborenen Säuglinge übernommen. Für Säuglinge im Alter von 6 Monaten bis 2 Jahren wird die Behandlung nur für diejenigen erstattet, die als Risikopatienten eingestuft werden (PDF - Klarstellung zur Verguetung von Nirsevimab, Swiss DRG).

PDF - Factsheet Respiratorisches Synzytial Virus RSV (September 2024)

PDF - Poster - Schützen Sie Ihr Baby mit einer RSV Prophylaxe

PDF - Poster - Protect your baby with RSV prophylaxis

PDF - Nirsevimab zur Immunisierung gegen das Respiratorische Synzytial Virus RSV (9.9.2024)

PDF - Consensus Statement zur Verwendung von Nirsevimab (Beyfortus®) (auf Englisch)

Respiratory Syncytial Virus (Series from the Lancet journals)

 

Schutzgrad der Immunisierung gegen RSV

Nirsevimab wirkt sofort nach der Injektion. Die Wirkungsdauer von Nirsevimab ist ausreichend, um während der gesamten RSV-Saison Schutz zu bieten. In der Phase-3-Studie (MELODY) zeigte sich nach 150 Tagen Nachbeobachtung eine Wirksamkeit von etwa 75% bei der Verhinderung von Infektionen der unteren Atemwege, die einen Arztbesuch erforderten, und von 77% bei der Verhinderung von Krankenhausaufenthalten aufgrund schwerer Formen der Erkrankung (Ref. 1,2).
In Spanien betrug die Wirksamkeit von Nirsevimab bei der Prävention von Krankenhauseinweisungen aufgrund von RSV-Infektionen der unteren Atemwege 70% bis 84% (3). In Frankreich lag die Wirksamkeit bei der Verhinderung von RSV-Infektionen der unteren Atemwege im ambulanten Bereich bei 80% (4).

Weitere Informationen:

1. Hammitt LL, Dagan R, Yuan Y, Baca Cots M, Bosheva M, Madhi SA, et al. Nirsevimab for Prevention of RSV in Healthy Late-Preterm and Term Infants. N Engl J Med. 3 mars 2022;386(9):837‑46.
2. Muller WJ, Madhi SA, Seoane Nuñez B, Baca Cots M, Bosheva M, Dagan R, et al. Nirsevimab for Prevention of RSV in Term and Late-Preterm Infants. N Engl J Med. 20 avr 2023;388(16):1533‑4.
3. López-Lacort M, Muñoz-Quiles C, Mira-Iglesias A, López-Labrador FX, Mengual-Chuliá B, Fernández-García C, et al. Early estimates of nirsevimab immunoprophylaxis effectiveness against hospital admission for respiratory syncytial virus lower respiratory tract infections in infants, Spain, October 2023 to January 2024. Euro Surveill Bull Eur Sur Mal Transm Eur Commun Dis Bull. févr 2024;29(6):2400046.
4. Lassoued Y, Levy C, Werner A, Assad Z, Béchet S, Frandji B, et al. Effectiveness of nirsevimab against RSV-bronchiolitis in paediatric ambulatory care: a test-negative case–control study. Rochester, NY; 2024

 

Bekannte Nebenwirkungen der RSV-Immunisierung

Nirsevimab ist sehr gut verträglich und Nebenwirkungen sind sehr selten. Nicht schwerwiegende Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut wurden innerhalb von drei Tagen nach der Injektion bei weniger als 1% der Immunisierten beobachtet.

 

 

Mütterliche Impfung (Abrysvo®)

Der Impfstoff zur Impfung der Mutter gegen RSV enthält ein Oberflächenprotein des RSV-Virus (Prefusion) der beiden Subtypen A und B ohne Adjuvans (Abrysvo®). Es ist derzeit für die Anwendung bei schwangeren Frauen ab 18 Jahren in der 32. bis 36. Schwangerschaftswoche zugelassen (aber noch nicht erstattet). Die Verabreichung erfolgt zwischen Oktober und Februar, wenn der voraussichtliche Entbindungstermin vor Ende März liegt. Die Impfung der werdenden Mutter führt zu erhöhten anti-RSV Antikörpern in ihrem Blut, die über die Plazenta auf das ungeborene Kind übertragen werden. So sind Kinder, die während der RSV-Saison geboren werden, vor einer schweren Infektion geschützt.

Schutgrad der mütterlichen RSV-Impfung

Wird Abrysvo® zwischen der 32. und 36. Schwangerschaftswoche verabreicht, zeigen Post-hoc-Analysen der Phase-III-Studie, dass das Risiko einer RSV-bedingten Erkrankung der unteren Atemwege des Neugeborenen innerhalb der ersten 90 Tage nach der Geburt im Vergleich zu Placebo um 34,7 % und das Risiko einer schweren RSV-Erkrankung der unteren Atemwege um 91,1 % reduziert wird. Innerhalb der ersten 180 Tage nach der Geburt senkte Abrysvo® das Risiko einer Erkrankung der unteren Atemwege um 57,3 % und das Risiko einer schweren Erkrankung der unteren Atemwege, die ärztliche Behandlung erfordert, um 76,5 % im Vergleich zu Placebo (ca. 1500 Teilnehmerinnen pro Gruppe).

Quelle: FDA Approves First Vaccine for Pregnant Individuals to Prevent RSV in Infants FDA et ACIP meeting September 2023.

Die Wirksamkeit ist in den ersten drei Monaten nach der Geburt am höchsten und nimmt dann in den folgenden drei Monaten allmählich ab. Aus diesem Grund wird die Impfung der Mutter ab Oktober jeden Jahres angesetzt, um den Säugling während der RSV-Saison, die von Oktober bis Ende März dauern kann, optimal zu schützen.

Bekannte Nebenwirkungen des RSV-Impfstoffs für werdende Mütter

Der Impfstoff ist gut verträglich. Die am häufigsten gemeldeten unerwünschten Wirkungen waren Schmerzen an der Impfstelle (41 %), Kopfschmerzen (31 %) und Myalgie (27 %). Die Mehrzahl der lokalen und systemischen Reaktionen bei den mütterlichen Teilnehmern waren leicht bis mittelschwer und klangen innerhalb von 2-3 Tagen von alleine ab. Die Sicherheitsdaten von Abrysvo® deuten nicht auf ein erhöhtes Risiko von Missbildungen oder andere schädliche Auswirkungen auf den Fötus, das Neugeborene oder die Mutter hin.

Weitere Informationen :
Kampmann, B., et al, 2023. Bivalent Prefusion F Vaccine in Pregnancy to Prevent RSV Illness in Infants. The New England Journal of Medicine 388, 1451–1464. doi:10.1056/NEJMoa2216480doi:10.1056/NEJMoa2216480
Nonadjuvanted Bivalent Respiratory Syncytial Virus Vaccination and Perinatal Outcomes. JAMA Netw Open. 2024;7(7):e2419268. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.19268
 
 

 

Schutz von älteren Menschen und Hochrisikopersonen

Impfungen gegen RSV

In der Schweiz sind derzeit zwei RSV-Impfstoffe zugelassen (Abrysvo® und Arexvy®), die jedoch noch nicht von der obligatorischen Krankenversicherung erstattet werden.

Der Impfstoff Abrysvo® (Wirkstoff RSVPreF) enthält das Prefusions- Oberflächenprotein von der beiden RSV-Subtypen, A und B, ohne Adjuvans.

Der Impfstoff Arexvy® (Wirkstoff RSVpreF3) enthält das Oberflächenprotein Prefusion, das auf dem Protein des RSV-Subtyps A2 basiert, und das Adjuvans AS01E. Es handelt sich um das gleiche Adjuvans, das in dem rekombinanten Impfstoff gegen Gürtelrose (Shingrix ®) enthalten ist, jedoch mit halber Dosis: je 25 μg der Immunstimulantien Quillaja saponaria Molina, Fraktion 21 (QS-21) and MPL (Salmonella Minnesota).

Die Impfung gegen RSV wird empfohlen:

  1. als ergänzende Impfung für alle Personen ab 75 Jahren
  2. als Risikogruppenimpfung für Personen zwischen 60 und 74 Jahren mit einem erhöhten Risiko für eine schwere RSVErkrankung.
  3. A) Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen wie z.B.:

    • Immunschwäche (aufgrund einer Erkrankung oder einer immunsuppressiven Behandlung)
    • Lungenerkrankungen (z.B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Emphysem, Asthma)
    • HerzKreislaufErkrankungen (z.B. Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit)
    • neurologische oder neuromuskuläre Erkrankungen
    • Nierenerkrankungen
    • Lebererkrankungen
    • hämatologische Erkrankungen
    • Diabetes mellitus

    B) Gebrechliche Personen sowie Personen, die in Pflegeheimen oder anderen Langzeit-Pflegeeinrichtungen leben

  4. Für Personen zwischen 18 und 59 Jahren mit schwerer Immunschwäche (bedingt durch eine Krankheit oder immunsuppressive Behandlung) oder anderen Grunderkrankungen, bei denen der behandelnde Arzt/die behandelnde Ärztin ein sehr hohes Risiko für eine schwere RSV-Erkrankung sieht, kann eine Impfung in Betracht gezogen werden. Diese Impfung erfolgt jedoch 'off label' und die Kosten werden nicht erstattet.

Die RSV-Impfung sollte idealerweise zwischen Mitte Oktober und Mitte November verabreicht werden. Sie kann aber auch später durchgeführt werden, wenn möglich vor Beginn der saisonalen RSV-Epidemie. Die RSV-Impfung kann zur gleichen Zeit, vor oder nach der Grippe- und/oder COVID-19 Impfung durchgeführt werden.

Aktuelle Daten zeigen eine Wirksamkeitsdauer von mindestens 2 Jahren für beide Impfstoffe. Die Notwendigkeit und der geeignete Zeitpunkt für die Verabreichung zusätzlicher Dosen wird derzeit geprüft. Die Impfempfehlungen werden angepasst, sobald die Daten verfügbar sind.

Schutzgrad des RSV-Impfstoffes

Die Wirksamkeit der RSV - Impfstoffe ist in den jeweiligen Phase-III-Studien wie folgt beschrieben:

Abrysvo®: Die Wirksamkeit zur Verhinderung einer ersten Episode einer RSV-assoziierten Erkrankung der unteren Atemwege mit 2 oder mehr Symptomen beträgt 66,7 % und 85,7 % bei Erkrankungen mit 3 oder mehr Symptomen.

Die Wirksamkeit von Arexvy® betrug 82,6 % gegen Infektionen der unteren Atemwege und 94,1 % gegen schwere Krankheitverläufe.

Es ist nicht möglich, die Wirksamkeit dieser beiden Impfstoffe zu vergleichen, da die Bewertungskriterien der Studien unterschiedlich waren und es noch keine direkten Vergleichsstudien gibt.

Ebenso gibt es erste Daten zur Immunantwort bei immunsupprimierten Personen (Nieren- und Lungentransplantation für beide Impfstoffe, Autoimmunerkrankungen, Hämodialyse und Lungenkrebs für Abrysvo®), die von den Pharmaunternehmen bei der US-amerikanischen Impfkommission eingereicht wurden. Beide Impfstoffe führen einen Monat nach der Impfung zu guten Antikörperreaktionen, aber es gibt keine Daten über die klinische Wirksamkeit (Arexvy -> slide 11 und  Abrysvo -> slide 14).

Bekannte Nebenwirkungen der RSV-Impfstoff

Abrysvo®: Der Impfstoff ist gut verträglich. Die am häufigsten gemeldeten Nebenwirkungen (>10 %) waren Müdigkeit (15,5 %), gefolgt von Kopfschmerzen (12,8 %), Schmerzen an der Injektionsstelle (10,6 %) und Muskelschmerzen (10,1 %).

Nach der ersten Dosis von Arexvy® waren Schmerzen (60,90 %) und Müdigkeit (33,7 %) die am häufigsten gemeldeten Nebenwirkungen, gefolgt von Myalgien (29,0 %), Kopfschmerzen (27,2 %) und Arthralgien (18,0 %).

PDF - Impfempfehlungen gegen Erkrankungen mit dem Respiratorischen Synzytial Virus RSV (November 2024)

Weitere Informationen :

McLellan, J.S., et al Structure-based design of a fusion glycoprotein vaccine for respiratory syncytial virus. Science 2013, (New York, N.Y.) 342, 592–598

Walsh EE et al, Efficacy and Safety of a Bivalent RSV Prefusion F Vaccine in Older Adults, N Engl J Med 2023;388:1465-1477, DOI: 10.1056/NEJMoa2213836

Papi, Alberto et al. “Respiratory Syncytial Virus Prefusion F Protein Vaccine in Older Adults.” The New England Journal of Medicine vol. 388,7 (2023): 595-608. doi:10.1056/NEJMoa2209604

Ison, M.G. et al, Efficacy and safety of respiratory syncytial virus prefusion F protein vaccine (RSVPreF3 OA) in older adults over 2 RSV seasons. Clin Infect Dis. 2024 Jun 14;78(6):1732-1744. doi: 10.1093/cid/ciae010.