Die Kinderlähmung (oder Poliomyelitis) wird durch das Poliovirus verursacht. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch verunreinigtes Wasser oder Nahrungsmittel. Bei vielen Personen verläuft die Infektion ohne jegliche Krankheitszeichen. Rund 1% der Infizierten erkrankt jedoch und entwickelt akute schwere und oftmals bleibende Lähmungen. Die Lähmungen können sich auf Arme und Beine ausdehnen aber auch beispielsweise die Atemmuskulatur betreffen.

Befällt das Virus zentrale Strukturen wie das Atem- und Kreislaufzentrum, kann die Erkrankung in 20 bis 60% der Fälle tödlich verlaufen.

Es gibt keine Medikamente zur Behandlung der Kinderlähmung. Dank der Impfung ist in der Schweiz seit 1982 kein Fall von Kinderlähmung mehr aufgetreten.

Das Virus kommt jedoch in verschiedenen Ländern noch vor, weshalb ein Impfschutz nach wie vor für alle Personen wichtig ist. (siehe Empfehlungen für Reisende: www.healthytravel.ch).

Das Wiederauftreten von Polio in London und New York im Jahr 2022 hatte gross angelegte Impfkampagnen zur Folge. Wie kann Polio wieder auftreten, wie hoch ist das Risiko in der Schweiz, und wer sollte eine Auffrischungsimpfung erhalten? Mit welchem Polio-Impfstoff? Die nachgewiesenen Viren stammen von oralen Lebendimpfstoffen, welche in vielen Ländern ohne genügend Ressourcen für einen Wechsel auf inaktivierte Impfstoffe noch immer verwendet werden. Das Vorkommen dieser Viren im Abwasser spiegelt die Bevölkerungsbewegungen wider, da die Impfviren lange über den Darm ausgeschieden werden. Es besteht kaum ein Ansteckungsrisiko über Abwasser, insbesondere in Ländern mit sehr hohen Hygienestandards, wie dies in den meisten Ländern ausserhalb des globalen Südens der Fall ist. Für benachteiligte Bevölkerungsgruppen, die in Grossstädten unter teils prekären hygienischen Bedingungen leben, kann dies jedoch anders sein. Da diese Personen oft auch ungenügend oder gar nicht geimpft sind, wird in UK eine Auffrischimpfung für alle Kinder im Alter von 1 bis 9 Jahren im Grossraum London empfohlen. Dies wurde aus logistischen Gründen und bei guter Verträglichkeit der Impfung unabhängig vom Impfstatus empfohlen.

Die Situation in der Schweiz ist anders - obwohl auch hier Polioviren identifiziert werden könnten. Grundsätzlich sollen alle Personen, besonders Kinder, über einen aktuellen Polio-Impfschutz verfügen. Da es keine monovalenten Polio-Impfstoffe gibt, kann das Aufholen des Imfpschutzes, wo nötig, nur mit Kombinationsimpfstoffen (mit mindestens d/T) erfolgen.

 


Weitere Informationen:

PDF - Poliomyelitis: Arzt und Labormeldungen von Erkrankungen 1940-2003

 

Impfstoff gegen Kinderlähmung (Poliomyelitis)

Der Impfstoff gegen Kinderlähmung (oder Poliomyelitis) enthält inaktivierte Viren von drei Poliovirusstämmen. Die Wirkung des Impfstoffs wird durch ein Aluminiumsalz unterstützt.

Für die Polio-Impfung sind bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mindestens drei Dosen erforderlich. Wenn im Säuglingsalter mit der Impfung begonnen wird, sind insgesamt vier Dosen notwendig.

Die Impfung gegen Kinderlähmung ist empfohlen für

• Säuglinge im Alter von 2 und 4 Monaten
• Kinder (12 Monate und 4 bis 7 Jahre)


  Medizinischer Rat für Reisende


Auffrischungsimpfungen nach vollständiger Grundimpfung sind nur bei Personen nötig, die sich in Ländern aufhalten, in denen Kinderlähmung weiterhin auftritt und deren letzte Polio-Impfung > 10 Jahre (bzw. in gewissen Ländern > 12 Monate) zurückliegt, Länderspezifische Informationen siehe www.healthytravel.ch.

 

Schutzgrad der Impfung gegen Kinderlähmung

Impfstoffe gegen Polio (in der Schweiz nur als Kombinationsimpfstoffe mit Diphtherie und Tetanus, plus ev. Pertussis, Hib, Hepatitis B) gewährleisten einen Schutz von mindestens 95% vor Kinderlähmung.

 

Bekannte Nebenwirkungen des Polio-Impfstoffs

Bei Erwachsenen: Die Kombinationsimpfstoffe gegen Polio, Diphtherie, Tetanus +/- Keuchhusten werden sehr gut vertragen, Nebenwirkungen sind sehr selten und harmlos (lokale Entzündung).

Bei Kindern: Die Kombinationsimpfstoffe gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hämophilus influenzae Typ b, Hepatitis B) wurden speziell für Säuglinge entwickelt.

Die Impfung führt bei etwa 5 bis 15% der Geimpften zu vorübergehenden örtlichen Reaktionen (Rötung, Schwellung, Schmerzen an der Einstichstelle) oder allgemeinen Nebenwirkungen (z.B. Fieber, meist <39°C). Eine Schwellung des ganzen Armes kann besonders bei älteren Kindern vorübergehend auftreten. Diese Reaktionen treten im Allgemeinen in den ersten 24 bis 48 Stunden nach der Impfung auf und klingen rasch und folgenlos wieder ab. Sie können unangenehm sein, sind aber nicht gefährlich.

Bei Fieber kann es zu einem Fieberkrampf kommen. Bei ungefähr 1 von 1000 Säuglingen wird nach der Impfung anhaltendes Schreien beobachtet, dessen Ursache nicht klar ist. Sehr selten kommt es bei Personen mit entsprechender Veranlagung (Allergie) zu Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Bestandteile des Impfstoffes, die sich als Rötung der Haut oder Juckreiz äussern. Ausgeprägtere Reaktionen bis hin zu Kreislaufschwäche sind extrem selten (weniger als 1 auf 1 Million Impfungen).

Es wurden auch andere Probleme nach den Impfungen gemeldet. Sie sind ausserordentlich selten (1 auf 100'000 oder auf 1 Million Impfungen). Entsprechend ist es schwierig zu sagen, ob die Impfung die Ursache ist oder nicht.

Wichtig ist zu wissen, dass die Impfungen das Immunsystem der Säuglinge nicht schwächen und dass sie das Risiko für Allergien oder andere Krankheiten im späteren Leben nicht erhöhen.

 


Weitere Informationen:

PDF - Factsheet Impfung Diphtherie Starrkrampf Keuchhusten Kinderlähmung Hib Hepatitis B (2023)

Kantonales Durchimpfungsmonitoring Schweiz

PDF - Das neue 2+1 Impfschema zur Basisimpfung von Säuglingen gegen Diphtherie Tetanus Pertussis Poliomyelitis Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B(2019)