Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) sind Bakterien, die verschiedene, mehr oder weniger schwere Krankheiten verursachen können:
- von unangenehmen, aber nicht lebensgefährlichen Mittelohrentzündungen,
- über die bereits gefährlicheren Lungenentzündungen,
- bis hin zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Hirnhautentzündung und Blutvergiftung.
Lumbalpunktion bei einem mit Pneumokokken infizierten Neugeborenen.
Foto: Bobjgalindo, Licence Creative Commons
Seit das Meningitis-Risiko bei Säuglingen durch die Impfung gegen Haemophilus influenzae b (Hib) unter Kontrolle gebracht wurde, sind Pneumokokken die Hauptursache von Meningitis bei Kindern jünger als 5 Jahren.
Pneumokokken verursachen in der Schweiz jedes Jahr schätzungsweise über 1000 schwere sogenannte invasive Erkrankungen (Hirnhautentzündung oder Blutvergiftung), 70 davon bei Kindern unter 5 Jahren (über 1600 Lungenentzündungen und 1 bis 3 Todesfälle vor dem 5. Geburtstag). Die Pneumokokkenerkrankungen sind auch gefährlich für Personen mit chronischen Krankheiten (chronische Herz-Lungen-Leiden, Erwachsenen-Diabetes, Niereninsuffizenz, HIV-Infektionen, funktionelle oder anatomische Asplenie (Fehlen der Milz), Störungen des Immunsystems mit Auftreten von unzureichender Reaktion des Immunsystems auf Polysaccharid-Antigene, usw.).
Weitere Informationen:
Meldepflichtige Infektionskrankheiten
Pneumokokken-Impfstoff
Der Pneumokokken-Impfstoff enthält ein Polysaccharid (Vielfachzucker) der Bakterienhülle, das an ein Trägerprotein gekoppelt ist (Konjugatimpfstoff). Zur Erhöhung der Wirksamkeit des Impfstoffs sind mehrere konjugierte Zucker verschiedener Pneumokokken-Serotypen kombiniert. Seine Wirkung wird durch ein Aluminiumsalz unterstützt.
Je nach Alter und Gesundheitszustand sind für die Impfung eine oder mehrere Dosen erforderlich.
Empfehlungen für alle Kinder im Alter unter 5 Jahren
Die Impfung gegen Pneumokokken mit einem Konjugatimpfstoff (Prevenar13®, Vaxneuvance®) wird empfohlen für alle Kleinkinder von im Alter von 2 Monaten bis 5 Jahren, um sie vor Pneumokokken-Infektionen (Hirnhautentzündung, Lungenentzündung, Blutvergiftung) zu schützen.
Im Alter von unter 12 Monaten bei der ersten Impfung sind 3 Dosen (4 Dosen bei Frühgeborenen <32 SSW/Geburtsgewicht <1500g), im Alter von 12-23 Monaten 2 Dosen, und im Alter von 24-59 Monaten 1 Dosis empfohlen.
Wenn mehrere Impfstoffdosen empfohlen werden, sollte idealerweise das gleiche Produkt verwendet werden; eine mit PCV13 begonnene Impfung kann jedoch mit PCV15 vervollständigt werden.
Empfehlungen für Personen im Alter von ≥ 65 Jahren und Risikopersonen im Alter von 5 bis 64 Jahren, die bereits mit PCV13 geimpft wurden
Personen, die ab einem Alter von 5 Jahren bereits mit PCV13 geimpft wurden, wird eine zusätzliche Einzeldosis mit einem höher valenten PCV (PCV15 oder PCV20, mit Präferenz für PCV20 ab dem Alter von 18 Jahren) empfohlen. Diese PCV Dosis wird zur Erweiterung der Serotypenabdeckung und ausdrücklich nicht als Auffrischungsimpfung empfohlen.
Das empfohlene Intervall nach der letzten Dosis des PCV13-Impfstoffs beträgt 1 Jahr (das Minimalintervall kann in besonderen klinischen Situationen, die dies rechtfertigen, auf 6 Monate verkürzt werden: z. B. bevorstehender Beginn einer neuen Immunsuppression, Situation vor einer Transplantation).
Empfehlungen für Personen mit einem erhöhten Komplikationsrisiko
Die Pneumokokkenimpfung ist in erster Linie indiziert für Personen jeden Alters mit erhöhtem Risiko für eine Pneumokokkenerkrankung:
- Chronische Krankheiten:
- Herzinsuffizienz,
- Chronisch-obstruktive Lungerkrankung,
- schweres Asthma,
- Bronchiektasen durch Antikörpermangel,
- Leberzirrhose,
- Anatomische und funktionelle Asplenie,
- Sichelzellanämie,
- Niereninsuffizienz,
- nephrotisches Syndrom,
- Schlecht eingestellter Diabetes mit Herz- oder Niereninsuffizienz.
- Neoplasien: Lymphome, Leukämie, Myelome.
- Transplantation: Kandidaten und Empfänger einer soliden Organtransplantation, Stammzellenempfänger.
- Störungen des Immunsystems:
- Autoimmunerkrankungen, die wahrscheinlich eine Immunsuppression erfordern,
- Medikamentöse Immunsuppression,
- HIV-Infektion,
- Immundefizienz, z. B. variables Immundefektsyndrom, Polysaccharid-Antikörpermangel.
- Frühgeburt (< 33. Schwangerschaftwoche oder Geburtsgewicht < 1500g).
- Cochleaimplantat (in situ oder geplant).
- Schädelbasisfraktur oder Schädelmissbildung.
Stellungnahme zur Empfehlung von verschieden valenten Pneumokokken Konjugatimpfstoffen pro Altersgruppe (19.12.2024)
Es ist nie zu spät eine oder mehrere Impfungen nachzuholen.
Schutzgrad der Impfung gegen Pneumokokken
Durch den seit 2006 in der Schweiz empfohlenen konjugierten 7-valenten Impfstoff konnte die Zahl der schweren Pneumokokkenerkrankungen bei Kindern unter zwei Jahren um 50% reduziert werden. Im Jahr 2011 wurde er durch einen 13-valenten Impfstoff (Prevenar® 13) ersetzt und 2024 durch einen 15-valenten Impfstoff (Vaxneuvance) ergänzt. Diesee neuen Impfstoffe sind ebenso wirksam und werden genauso gut vertragen wie der 7-valente, aber sie schützen insgesamt vor 13 bzw. 15 Pneumokokkenarten (Serotypen). Diese sind für 75 bis 90% aller schweren Erkrankungen bei Kleinkindern verantwortlich. Die konjugierten Impfstoffe gegen Pneumokokken weisen eine sehr hohe Wirksamkeit auf (>95%).
Der 15-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV15, Vaxneuvance®, MSD) und der 20-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV20, Prevenar-20®) sind Prevenar13® sehr ähnlich, mit zwei bzw sieben zusätzlichen Serotypen (22F und 33F in beiden, PCV20 zusätzlich 8, 10A, 11A, 12F, 15B). In der Schweiz sind Prevenar-13® und Vaxneuvance® für Kleinkinder bis 5 Jahre zugelassen, empfohlen und erstattet. Für Erwachsene mit einem erhöhten Risiko für eine invasive Pneumokokkenerkrankung und Personen ab 65 Jahren werden die 15-valenten (Vaxneuvance®, MSD) und 20-valenten (Prevenar20®) Konjugatimpfstoffe empfohlen, aber nur für Personen ab 65 Jahren erstattet. Die Serotypen-Abdeckung invasiver Pneumokokkenerkrankungen in der Schweiz (BAG) steigt bei Personen über 65 Jahren mit den neuen Impfstoffen von 27% (PCV13) auf 42% (PCV15) bzw. auf 66% (PCV20) (BAG).
Bekannte Nebenwirkungen des Pneumokokken-Impfstoffs
Der Konjugat-Impfstoff wurde speziell für Säuglinge entwickelt. Er ist generell gut verträglich. Als Nebenwirkungen der Impfung werden Fieber (bei 1 bis 2 Kindern von 10) und auch örtliche Reaktionen wie Schwellung, Schmerzen und Rötung beschrieben. Fieber über 39°C beobachtet man bei 1 bis 3 Kindern von 100. Wenn das Fieber sehr hoch ist, kann es einen Fieberkrampf auslösen. Aus diesem Grund ist es wichtig, nach der Impfung die Temperatur des Kindes zu kontrollieren. Diese unangenehmen, aber ungefährlichen Nebenwirkungen stehen jedoch in keinem Verhältnis zum Nutzen der Pneumokokken-Impfung.
Schwere Nebenwirkungen nach der Pneumokokken-Impfung sind ausserordentlich selten (1 auf 100'000 bis 1 auf 1 Million). Entsprechend ist es schwierig zu sagen, ob die Impfung Ursache ist oder nicht. Wichtig ist, dass die Impfstoffe das Immunsystem der Säuglinge nicht schwächen und die Kinder wegen der Impfungen nicht ein erhöhtes Risiko für Allergien oder andere Krankheiten im späteren Leben haben.
Weitere Informationen:
PDF - Pneumokokken Impfung neu für alle Personen ab dem Alter von 65 Jahren als ergänzende Impfung empfohlen (2024)
PDF - Pneumokokkenimpfung bei Kindern unter 5 Jahren neu als Basisimpfung (2019)
PDF - Empfehlungen zur Verhinderung von invasiven Pneumokokkenerkrankungen bei Risikogruppen (2014)